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03. Februar 20244 Minuten Lesezeit

Wer kommunizieren will, darf wenig informieren

Revolutionäre Kommunikation

Das 21. Jahrhundert ist geprägt von einer Revolution in der Art und Weise, wie wir kommunizieren. Digitale Netzwerke, soziale Medien und das offene Internet haben unser Kommunikationsverhalten grundlegend verändert. In diesem Kontext lässt sich die Frage stellen, was Kommunikation im digitalen Zeitalter eigentlich ausmacht. Vilém Flusser, ein prominenter Denker der Medienphilosophie, bietet mit seinen «Drei Hauptsätzen der Kommunikationsgesellschaft» eine scharfsinnige Perspektive auf die Problematik.

Besonders der dritte Hauptsatz Flussers ist in der heutigen Zeit von wachsender Relevanz: «Wer kommunizieren will, darf wenig informieren.» Dieser Satz fordert heraus, da er scheinbar in direktem Widerspruch zu dem steht, was man klassischerweise unter Kommunikation versteht. Kommunikation, so könnte man meinen, sollte dazu dienen, Wissen zu vermitteln, Informationen zu teilen, das Bewusstsein zu erweitern. Flusser jedoch scheint hier eine neue Dimension anzusprechen, die in der digitalen Ära besonders deutlich wird.

Wenig informieren ist eine Kunst

Flusser spricht mit diesem Hauptsatz die Art der Informationsübertragung in einer Welt an, die von Überfluss geprägt ist. In sozialen Netzwerken, Blogs, Newsfeeds und der ständigen Flut von Updates ist es nicht mehr die Menge der Information, die entscheidend ist. Vielmehr geht es um die Form der Kommunikation und die Reduktion auf das Wesentliche. In einer Welt, in der wir ständig mit Daten bombardiert werden, wird die Fähigkeit, «wenig zu informieren», geradezu eine Kunst. In diesem Sinne fordert Flusser dazu auf, präzise, klar und fokussiert zu kommunizieren, anstatt sich in der endlosen Bereitstellung von Daten und Informationen zu verlieren.

Zwischen den Zeilen zu lesen

Ein weiteres, provokantes Element dieses Satzes ist die Annahme, dass die eigentliche «Kunst» der Kommunikation nicht in der Fülle der Informationen liegt, sondern in der Fähigkeit, das Wesentliche herauszufiltern und zu vermitteln. Wenige, aber prägnante Informationen haben oft einen weit stärkeren Effekt als ein Übermass an Wissen, das durch seine Masse entwertet wird. Die Menschen in der digitalen Welt sind ständig unterwegs, sie scannen Inhalte, sie scollen durch Feeds, sie konsumieren schneller als je zuvor. Wer hier erfolgreich kommunizieren möchte, muss sich der Aufmerksamkeit der Nutzer würdig erweisen – und das gelingt nicht durch lange, überfrachtete Informationen, sondern durch präzise, oft auch provokante, «minimalistische» Aussagen, die den Dialog anregen und die Fantasie ansprechen.

In der digitalen Gesellschaft, in der alles kommuniziert wird, scheint die Bedeutung des «Wenigen» sogar noch weiter zu gehen: Es ist nicht nur der Inhalt, der zählt, sondern auch die Form. Plattformen wie Twitter, Instagram oder TikTok fördern diese reduzierte Kommunikation. Auf diesen Plattformen sind nur kurze, fokussierte Nachrichten möglich, und gerade dadurch werden sie extrem wertvoll. Die Reduktion der Information auf das Wesentliche zwingt die Nutzer, zwischen den Zeilen zu lesen, Bedeutungen zu entschlüsseln und eigene Schlüsse zu ziehen.

Kunst der Informationsverdichtung und -inszenierung

Was bedeutet das für die Gesellschaft? Flusser weist darauf hin, dass Kommunikation nicht mehr nur ein Austausch von Informationen ist. In einer Welt der permanenten Kommunikation muss der Wert von Information neu definiert werden. Wer ständig «mehr» kommuniziert, verliert an Bedeutung; wer weniger, aber dafür präziser kommuniziert, gewinnt. In der digitalen Ära wird Kommunikation nicht nur zum Übermitteln von Wissen, sondern auch zur Performance, zur Kunst der Informationsverdichtung und -inszenierung.

Summa

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Flussers Dritter Hauptsatz in der digitalen Kommunikation des 21. Jahrhunderts eine zentrale Rolle spielt. Er stellt die klassische Vorstellung von Kommunikation als bloßem Informationsaustausch infrage und fordert eine radikale Umorientierung hin zu einer Kommunikation, die sich auf das Wesentliche konzentriert. Wer kommunizieren will, darf also nicht nur „wenig informieren“ – er muss vielmehr wissen, wie er mit wenigen Worten oder Zeichen eine maximale Wirkung erzielt. In einer Welt, in der alles kommuniziert wird, wird das Wenige zum Schlüssel des Erfolgs.